Hallo,

es ist jetzt über zwei Jahre her, dass auf diesem Blog so etwas wie „Leben“ herrschte und ich muss gestehen: Ich habe es nicht vermisst. Oftmals war es so, dass ich zwar immer noch einen Tab im Browser offen hatte (alte Gewohnheit?), dieser Seite aber keine wirkliche Beachtung mehr schenkte. Wieso? Nun, das Leben geht weiter. Es ist stetig im Wandel. Privat sowie beruflich. Zum anderen hatte ich das Gefühl, dass man über Koryu – wenn man etwas lernen möchte – nur im kleinen Kreis darüber sprechen sollte, von Angesicht zu Angesicht. Waren Foren (und später Blogs) anfangs dafür da, Wissen auszutauschen, ging dieses immer weiter zurück. Wohin ging also jene Entwicklung? Ganz einfach: Zu mehr „Face to Face“ oder direct via Email. Durch mein Leben hier in Japan konnte ich mir diverse Kontakte zu den unterschiedlichsten Kampfkünsten und Ausübenden aufbauen. Die (ausländische) Community ist zwar relativ klein, aber man kennt sich, auch wenn nicht alle jener Herrschaften in oder um Tokyo leben. Zudem wird es einem auch nicht sonderlich schwer gemacht, mit den Schulen direkt in Kontakt zu treten. Meist reicht eine freundliche Email oder ein Brief und Tür und Tor stehen einem offen. So taten sich nicht nur viele neue Facetten in meinen eigenen Schulen auf, sondern ich konnte zudem mit vielen mir Schulfremden ein freundschaftliches Verhältnis aufbauen, welches mir gestattete, direkt zu fragen, ohne großartig in Internetforen zu stöbern. Und seien wir doch mal ehrlich: In Sachen Koryu sind insbesondere die deutschen Foren alles andere als aktiv. Selbst e-budo, die Grande Dame der Budo-Foren, ist nur noch ein Schatten ihrer Selbst. Vieles hat sich auf Facebook verlagert, oder eben auf die private Ebene. Jedoch, insbesondere durch Facebook konnte ich einige wirklich gute neue Kontakte knüpfen, jedoch sind auch hier die größeren Gruppen voll von stillen Mitlesern und werden leider nicht sehr häufig frequentiert. Was okay ist – dafür gibt es ja jene privaten und kleineren Gruppen, wo sich die Mitglieder bereits seit mehreren Jahren (persönlich) kennen und sich dementsprechend auch offener und oftmals direkter austauschen können, auch über Dinge, die man eventuell nicht in einer offenen, größeren Gruppe preisgeben wollen würde.

Also, wie gesagt: „Networking“ läuft mehr als gut, mit dem Resultat, dass mein theoretischen Studium einige wirkliche „Aha“-Momente hervorgerufen hat. Das praktische Training stand diesem natürlich in nichts nach. Natürlich, man schafft es immer nur noch am Wochenende ins Dojo, aber Japan ist halt auch kein Wunderland. Keiko an Werktagen mag zwar in manchen Schulen angeboten werden, aber viele der Lehrer (und eben auch Schüler) sind berufstätigt und wer weiss, was dass in Japan bedeuten kann, kann sich vielleicht denken, dass Keiko am Wochenende die einzige Möglichkeit darstellt, eine gewisse Kontinuität aufrecht zu erhalten. Zum eigentlichen Keiko kommen dann natürlich noch einige Embu (obwohl, handelt es sich hierbei nicht auch um Keiko?!). Hierbei lässt sich insbesondere das Embu von vor einer Woche im Nippon Budokan erwähnen. Bewegte Bilder finden sich auf Youtube. Und natürlich mangelte es nicht an unzähligen Stunden an Gesprächen mit vielen interessanten Persönlichkeiten, sowohl Budo wie auch nicht Budo bezogen.

Prinzipiell würde ich sagen, dass Koryu momentan – jedenfalls jene in Tokyo und Umgebung sowie einigen anderen Ecken Japans – recht gut aufgestellt sind. Es gibt Nachwuchs und selbst mehr weibliche Praktizierende lassen sich in diversen Schulen finden. Im Ländlichen sieht es da leider oftmals nicht so gut aus, auch wenn es hier und dort Beispiele gibt, welche sich diesem Wandel (bis jetzt) erfolgreich entgegengestellt haben. Es ist schon erstaunlich, was es noch für obskure Schulen es in Japan gibt, oftmals komplett vergessen oder überwiegend unbekannt, selbst in der Region in der sie gelehrt werden. Aber gerade das macht es doch so spannend. Einfach mal rausfahren, auf gut Glück an einige Haustüren klopfen und schauen was passiert. Gelebte Forschung mal anders angefasst.

Anbei einige Fotos, sozusagen ein verspäteter Zwei-Jahres Rückblick.

Ach, und nur zur Info: Das Kontaktformular auf dieser Seite funktioniert immer noch – wer also gerne mal über Koryu plaudern möchte: Ich würde mich über jede Mail freuen. Ob dieser Blog wieder regelmäßig gepflegt wird lässt sich nicht sagen – who knows…

Yours in Budo,

Micha